Am 14.11.2018 habe ich mit der Großformatkamera Selbstporträts angefertigt. Ziel war es einerseits, zu testen, bei welcher Blende mein 210mm Objektiv die maximale Schärfe bringt, und andererseits wollte ich wissen, welche maximale Auflösung man mit einem 4×5″ Negativ erreichen kann.

Die Auswertung der Blendenreihe (f/8, f/11, f/16, f/22, f/32, f/45) hat gezeigt, das ab Blende f/22 die optimale Schärfe des Objektivs erreicht wird.

Bezüglich Auflösung des 4.5″ Negativs (Ilford Delta 100) sind auf jeden Fall mehr als 100 MPixel möglich. Limitierend ist hier eher das Objektiev, ich denke dass ca. 200 – 300 MPixel möglich sind.

Das Setup:

  • Kamera: Toyo View C 4×5″
  • Objektiv: Rodenstock 210mm/5.6
  • Film: Ilford Delta100
  • Beleuchtung: 600Ws Walimex VC600 Blitz mit Beauty-Dish, hochfrontal direkt über der Kamera angeordnet.

Auslösung der Kamera

Das Auslösen der Großformatkamera erfolgt über einen Drahtauslöser, der ca. 50cm lang ist. Da ich ein sehr dichtes Foto wollte, das möglichst nur das Gesicht abbildet, war mein Abstand zur Kamera nur ca. 70cm, weshalb es mir möglich war, den Drahtauslöser mit locker ausgestreckter Hand zu greifen und die Kamera so auszulösen.

Wäre der Abstand zur Kamera größer gewesen, hätte ich mir eine andere Auslösemethode überlegen müssen, z.B. über einen pneumatischen Fernauslöser.

Fokusierung mit Kreuzlinienlaser

Um beim Selbstporträt einen korrekten Fokus zu erreichen (immerhin ist der Schärfentiefenbereich bei offener Blende nur ca. 1cm), habe ich über direkt über dem Kopf einen Kreuzlinienlaser montiert, der nach unten schaut und mit den beiden Laserlinien zwei Ebenen aufspannt. Die eine Ebene ist die Fokusebene, die andere Ebene geht durch die Mitte des Objektivs und erleichtert die seitliche Ausrichtung. (Kreuzlinienlaser sind dazu gedacht, um z.B. beim Aufhängen von Bildern, beim Montieren von Regalen, … eine Laserlinie an die Wand zu Projezieren, die zum Ausrichten dient. Sie sind im Baumarkt oder Online schon ab ca. 40€ zu bekomen.)

Beim Einrichten der Kamera habe ich als “Kopf-Dummy” eine einfache Faschingsmaske auf einem Stativ montiert und diese auf meine Kopfhöhe eingestellt. Anschließend habe ich mit Hilfe der Maske den Bildausschnitt Festgelegt.

Der Kreuzlinienlaser wurde dann so eingerichtet, dass er von oben eine Linie/Ebene durch die Augen der Maske zeichnet, und die andere Linie genau mittig durch die Maske und das Objektiv geht. Anschließend wurde genau auf die Laserlinie auf der Maske fokusiert, d.h. diese Laserlinie spannt nun exakt die Fokusebene auf.

Beim Fotografieren habe ich einen kleinen Spiegel direkt unter die Kamera montiert, und mich mit dessen Hilfe vor dem Auslösen so ausgerichtet, dass die eine Laserlinie mittig durch mein Gesicht geht, und die andere, die die Fokusebene aufspannt, so auf der Stirn verläuft, dass sie direkt durch meine Pupillen schneiden würde.

Dadurch ist es mir gelungen, alle Fotos mit dem Fokus exakt auf den Augen zu machen.

Fotosetup mit Kreuzlinienlaser

Die grundlegende Belichtungseinstellung

Zur festlegung der grundlegenden Belichtung habe ich mit dem Blitzbelichtungsmesser die nötige Blitzleistung ermittelt. Dabei habe ich aufgrund der geringen Aufnahmedistanz und des sich dadurch ergebenden Verlängerungsfaktors einen Korrekturfaktor von einer Blendenstufe einbezogen. Um dies zu erreichen und nicht umrechnen zu müssen, wurde einfach der Belichtungsmesser auf ISO50 statt ISO100 gestellt.

Anschließend habe ich über Lichtmessung (Belichtungsmesser mit Messkalotte auf mener Stirn) die nötige Blitzleistung gemessen.

Die Vermessung des Blitzes

Da mein Vertrauen in den günstigen Waimex Blitz nicht sonderlich hoch war und ich schon früher die Erfahrung gemacht hatte, dass bei der Blitzleistungseinstellung der angezeigte Wert nicht mit der tatsächlichen Blitzleistung übereinstimmt, habe ich vor dem Belichten der Fotos die Blitzleistungen für jede Blendeneinstellung extra vermessen und notiert.
So konnte ich eine korrekte Belichtung bei allen Blendeneinstellungen erreichen.

Die Blendenreihe

Ich habe 6 Fotos angefertigt, wobei für jedes Foto eine andere Blende gewählt, und, um eine korrekte Belichtung zu erhalten, die Blitzleistung immer entsprechend angepasst wurde.
Die Belichtungszeit wurde auf 1/125sec gestellt, um jeden Einfluss des Umgebungslichtes auszuschließen.

Das erste Foto wurde mit Blende f/8 aufgenommen, das nächste mit f/11, anschließend mit f/16, f/22, f/32 und f/45.
Dabei war es mit nicht mehr möglich, die Belichtung auch bei f/45 noch korrekt einzustellen, da die Blitzleistung dafür nicht mehr ausreichte.
Der 600Ws Blitz mit dem Beauty-Dish in weniger als 1m Entfernung war schon zu schwach, um ausreichend Licht zu liefern. Die maximale Blitzleistung reichte gerade noch für Blende f/32.

Allerdings zeigte sich nach dem Entwickeln, dass das diese Unterbelichtug um eine Blendenstufe für das Negativ kein großes Problem darstellte. Im Vergleich zu den “korrekt” belichteten Negativen war nicht viel Unteschied zu sehen. Man muss dabei aber auch bedenken, dass in diesem Studiosetting der Kontrast nicht sehr hoch war. Bei wesentlich kontrastreicheren Motiven wäre wahrscheinlich die Schattenzeichnung geringer gewesen.

Die Entwicklung

Entwickelt wurde manuell in einem Paterson Entwicklungstank mit dem Mod45 Einsatz mit Kodak HC-110, Verdünnung B, bei 20°C, 5 Minuten. Statt dem Stoppbad wurde nur 3x mit Wasser gespühlt. Die Fixierung erfolgte mit Adox Adofix 1+9, 5 Minuten, ebenfalls bei 20°C. Anschließend wurden die Negative mit der Ilford-Methode gespühlt (d.h. 4x Wasserwechsel, mit 3x/6x/12x und 24x Kippen).

Digitalisierung der Negative

Digitalisiert wurden die Negative nach dem Trocknen mit meiner Nikon D800 und einem Tamron 90mm/2.8 Makro-Objektiv bei Blende f/11. Dazu lege ich die Negative auf ein Leuchtpult (d.h. eine von unten gleichmäßig beleuchtete, mattierte Glasscheibe). Die Kamera wurde auf einem Vertikalstativ montiert und anschließend die Negataive abfotografiert.

Das liefert meiner Erfahrung nach sehr gute Ergebnisse. Der Dynamikumfang der D800 ist sehr groß, und falls nötig könnte ich auch noch Belichtungsreihen anfertigen, falls der Dynamikumfang des Negataivs größer sein sollte als der des 36MPixel Sensors der D800.
Allerdings habe ich das noch nie erlebt (wobei ich allerdings auch kaum bei extremen Kontrast fotografiere).

Da mich bei diesem Versuch interessiert hat, was ich maximal an Auflösung aus dem Negativ herausbekomme, habe ich nicht nur das Negativ als Ganzes abfotografiert, sondern auch in vielen kleinen Teilen im Maßstab 1:1. Nach dem Zusammensetzen der einzelfotos ergibt sich dann eine Auflösung von ca. 400MPixel.

Das Versuchsergebnis

In den folgenden Galerie sieht man immer den selben Bildausschnitt mit den verschiedenen Blenden (f/11 … f/45). Die erste zeigt das ganze, mit der vollen Auflösung der Kamera aufgenommene Bild. Man kann gut erkennen, wie mit kleiner werdenden Blendenöffnung (d.h. größer werdenden Blendenzahl) die Schärfentiefe immer größer wird. Besonders gut ist das am Schläfenbereich und am Ohr zu erkennen.

Die zweite Galerie zeigt aus den vorigen Bildern einen ca. 1:1 Ausschnitt. Anand dieser Ausschnittsbilder kann man die Bildschärfe vergleichen.
Bei offener Blende von f/8 und f/11 ist die Schärfe nicht optimal, die Details in den Haaren, … fehlen. Im Bereich von f/16-f/32 ist die Schärfe wesentlch besser und auch relativ konstant, wobei ich das Maximum bei f/22 ansetzen würde. Bei f/45 ist schon wieder ein deutlicher Schärfeabfall sichtbar, verursacht durch die Lichtstreuung an den Kanten der Blendenlamellen.

Bezüglich maximaler Auflösung liefert das aus mehreren Aufnahmen des Negativs zusammengesetzte Bild mit 100 MPixel noch alle Details, die 100 MPixel werden voll ausgenützt.
Bei der Variante mit ca. 400 MPixel kann man erkennen, dass das Objektiv schon zu beschränken beginnt, und auch das Filmkorn macht sich schon bemerkbar.

Meiner Einschätzung nach liegt die maximale nutzbare Auflösung im Bereich von 200-300 MPixel.

Großformat Selbstportraits
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